Freitag, Juni 20, 2008

Der Weg zum Leben

"Wohl ist es möglich, ohne Hoffnung
vielleicht sogar ohne Wahrheit zu leben
oder wenigstens zu existieren,
aber nicht ohne Gebet.
Denn Gebet ist eine dringende Bewegung
nach innen und nach aussen,
ist ein Weg zum Leben."
Elie Wiesel
Wenn man so etwas sagen kann, nachdem man das KZ überlebt hat, dann kann ich nur staunen. Gebet ist mir heute noch fremd und es fällt mir schwer, mich Gott in Freude zuzuwenden. Aber das Gebet ist ein Weg zum Leben und es sollte mir deutlich machen, dass ich gerade heute, wo ich zwar keinen Krieg erleben muss, aber doch die Folgen einer globalisierten Welt wie Nahrungsmittelpreissteigerungen, Naturkatastrophen, vermehrte Armut etc., mitbekommen sowohl vermehrt handeln als auch vermehrt beten sollte. Nicht nur ich brauche den Weg zum Leben, sondern ich wünsche mir, dass auch durch meine Gebete viele Menschen den Weg zum Leben finden.

Dienstag, März 04, 2008

Danke!

Manchmal wundere ich mich über meine eigenen Gedanken, aber sie stammen wirklich von mir. Ich habe sie neulich gefunden, als ich mein altes Gebetstagebuch wieder hervorgekramt hatte und es gelesen.
Geschrieben 23.08.1998

Und wenn die ganze Welt gegen mich wäre,
die Vögel schweigen würden,
die Bäume nicht mehr rauschen würden,
die Sonne nicht mehr strahlen und der Mond nicht mehr scheinen würde
oder das Meer nicht mehr tosen,
die Luft nicht mehr riechen
der Regen nicht mehr platschen würde,

wenn die Menschen nicht mehr mit mir reden würden,
nur noch schweigen,
wenn sie nicht mehr zuhören oder -sehen würden,
wenn sie nicht mehr helfen würden,
mich meiden würden, mich anklagen,
verklagen und veruteilen würden,
wenn sie nicht mehr lachen würden und auch nicht mehr weinen könnten,
wenn sie nicht mehr lieben würden,

wenn mich Krankeheit befallen würde,
die Freunde mir fehlen würden,
der Tod um sich greifen,
der Hass zunähme,
Unfriede, Neid, Missverständnisse auftreten würden,
wenn jeder und alles mich verlassen würde,
ich arm, hungrig und nichts an meinen Leib hätte,
wenn mein ganzes Leben nicht lebenwert erscheinen würde,

so wüsste ich doch, dass Du mir dieses Leben geschenkt hast,
mein Vater, meine Mutter bist,
mich gewollt und gesegnet hast
und dies Grund genug wäre und ist zu sagen:
Weil Du mich liebst, weil Du bei mir bist
und es niemanden geben kann, der Dich mir wegnehmen kann,
weil niemand mich besser kennt als Du
und keiner mein Herz besser sieht als Du
ist dies Grund genug zu sagen:
Danke Gott!

In der Hoffnung, dass dies in allen Lebenslagen so bleiben wird! (04.03.2008)

Donnerstag, Februar 21, 2008

Gesetz und Gnade

Nachdem mich neulich eine Freundin gebeten hatte, doch wieder öfter blog zu schreiben, komme ich ihrer Bitte gerne nach.
Zur Zeit beschäftigt mich (wie schon an Weihnachten) das Thema Gnade. Es scheint als komme ich diesem Begriff nicht näher. Gestern Bbend habe ich einen Film gesehen (Die Witwe von Saint-Pierre), der mich sehr berührte. Es ging um einen Mörder, der zum Tode verurteilt und gefangen auf einer kleinen Insel auf seinen Vollstreckungstag wartete. Das Problem der InselbewohnerInnen war, dass sie kein Schaffot besaßen, mit dem der Verurteilte geköpft werden sollte. Es dauerte tatsächlich zwei Jahre bis das Gerät via Schiff geliefert wurde.
Die Ehefrau des Gefängniswärter dachte deshalb der Mann könne sich doch solange in der Gemeinde nützlich machen. Ihr Mann war einverstanden und so half der Gefangene jeden Tag bei diversen Erledigungen in der Dorfgemeinschaft. Er stellte sich dabei so geschickt, hilfreich und gut an, dass die Einwohner ihn schnell ins Herz schlossen.
Als endlich der Tag heranrückte und das Schaffot mit dem Schiff gebracht wurde, wollte niemand den Mann mehr hängen. Doch von Paris aus kam die Order, dass das Gesetz nun mal beschlossene Sache sei und der Mann hingerichtet werden müsse. Schließlich sei zu bedenken, dass er ein Mörder sei. Nun entfachte eine heiße Auseinandersetzung zwischen Dorfbewohner und den Ausführenden des Staates. Natürlich setzte sich das Gesetz durch und der Mörder wurde geköpft etc.....
Eine erschütternde Geschichte, die mich wieder an das Gnadenthema heranführte. Kann es denn sein, dass das Gesetz wirklich der Gnade im Weg steht? Im AT hat Gott dem Volk extra Gebote gegeben, damit sie sich an etwas orientieren konnten. Aber auch hier gab es Schriftgelehrte und Priester, die mehr Gesetz als Gnade kannten! Wie vereinbaren wir Recht und Gnade? Wie sehr haben wir die Gnade überhaupt präsent? Wissen wir, was sie ist?
In diesem gerade beschriebenen Film rückte mir die Gnade immer näher. Sie fühlte sich so positiv, so liebend, so gottesgleich an! Ob ich Gottes Gnade genügend weitergebe?
Ich hoffe es!

Montag, Januar 07, 2008

DU sollst nich töten

Gedankenverloren sitze ich vor dem Computer. Ich habe noch kein Wort geschrieben. Wieso habe ich das Angebot über dieses Thema zu schreiben angenommen?
Das Telefon klingelt. Endlich Ablenkung, denke ich. Am Apparat ist eine sehr gute Freundin von mir: „Ich muss dir was sagen...“ Schweigen! „Ich bin schwanger, schon wieder!“ Und ich weiß schon, was sie als nächstes sagen wird. Sie kann nicht mehr, sie will dieses Kleine nicht! Sie weint! Dann stellt sie die gefürchtete Frage! Ich sei doch Christin, was meine ich denn dazu?
Nun ja, mein erster Gedanke ist: Nein, der kleinen Seele das Leben nehmen? Das geht doch nicht! Dann betrachte ich mein Leben. Wie viele Menschen habe ich auf dem Gewissen, weil ich mich nicht darum kümmere unter welchen menschenverachteten Umständen die Kleider hergestellt werden, die ich kaufe? Wie vielen Menschen reicht das Brot nicht, das sie als spärlichen Lohn für die harte Arbeit auf den Kaffee- Bananenplantagen etc. erhalten. Unter welchen Krankheiten müssen sie leiden und sterben, weil sich niemand um Arbeitschutzgesetze schert? Wie viele sterben, weil ich nicht bereit bin zu teilen, zu verzichten?
Was ich damit sagen will, höre ich mich reden, ist, dass die Thematik des „Nicht-Tötens“ nicht so einfach ist.
Wir reden noch eine Weile, dann muss sie sich wieder um ihre Kinder kümmern. In den folgenden Tagen bete ich viel. Mein Gott, lass es zu einem guten Ausgang kommen!
Und ich sitze wieder grübelnd da. Du sollst nicht töten!
Tief in meinem Herzen weiß ich, dass Töten Leid und Elend bringt. Ich weiß, dass Kriege, Korruptionen und Morde noch nie haben einen Menschen glücklicher werden lassen. Ich weiß, dass Gott es ist, der Leben gibt und Leben nimmt. Aber kann ich z.B. einen Selbstmörder verurteilen? Kann ich Eltern verurteilen, weil sie aus ihren verworrenen Lebensumständen heraus kein Ja zu diesem Ungeborenen finden können? Kann ich verurteilen, wenn ich selbst inkonsequent lebe?
Du sollst nicht töten! Gott sei Dank verlangt Gott von uns nicht: du sollst töten!
Für mich ist klar: Ich will dem Imperativ Gottes folgen und so leben, dass ich Leben nicht zerstöre. Nur, in meinem Glauben lebt auch noch die Gnade Gottes. Und wie Jesus den Pharisäern, so steht die Gnade Gottes dem Gesetz, das die Lebenssituationen der Menschen nicht berücksichtigt, gegenüber.
Ich bete darum, dass meine Freundin und ihr Mann sich für das Kind entscheiden. Und wenn nicht, wird Gottes Gnade über ihnen sein!

Montag, Dezember 10, 2007

Der gottesfürchtige Gott

In der Vorweihnachtszeit ist es wirklich mal interessant sich mit seinen Mitmenschen zu unterhalten. Denn was man dort erfährt ist nicht etwa, dass sich die meisten auf Weihnachten freuen, nein, für sie wäre es manchmal einfacher, es würde nicht existieren. Es scheint als ziehe mit Jesu Kommen eine Furcht in die Herzen der Menschen, die sie erdrückt. Sie fürchten sich vor den familiären Verpflichtungen, vor dem Spiel der "heilen Familie", wo doch das ganze Jahr über die Konflikte brodelten und schwelten. Nun sollen sie alle an Heilig Abend kompensiert werden! Sie fürchten sich vor der Einsamkeit, wenn die Nachbarn ihre Türen schließen, um unter sich Weihnachten zu feiern und sie selbst keine/n PartnerIn haben, mit der/dem sie das Fest teilen können. Sie fürchten sich vor der schnell einbrechenden Dunkelheit, Stille und Kälte, die eintrifft, wenn sich alle Familien in ihre Häuser zurückgezogen haben.
Und wenn man dann auch noch liest, dass selbst die Weihnachtsgeschichte von Furcht besetzt ist, dann ist das wahrlich zum fürchten. Immer wieder erscheint den biblischen Figuren ein Engel, der spricht "fürchte dich nicht..." zu Josef, zu Maria, zu den Hirten.....
Das Kommen Jesu ist als von jeher mit Furcht, mit Angst, mit Unsicherheit, mit Einsamkeit besetzt. Und Gott kämpft dagegen an "fürchte dich nicht...." Wer zur Weihnachtszeit und darüber hinaus sein Herz öffnen kann für die Zusagen Gottes, der jedem zuruft "fürchte dich nicht", der kann sich getrost und mit Freude in die Arme des liebenden Schöpfers werfen und das Kommen Christi feiern, mit einer Zuversicht und Gewissheit, die einem sagt: Jesus ist Trost, ist Erfüllung, ist Freude, darum "fürchte dich nicht!"

Sonntag, Oktober 28, 2007

"Gottes Kleine"


Klein war sie und klein hat sie sich gefühlt. Das habe ich vor einigen Tagen aus einem neuen Buch über Mutter Teresa gelesen. In diesem Buch sind Briefe von ihr veröffentlicht, die sie ihr vertrauten Menschen schrieb. Darin spricht sie von einer Dunkelheit, die sie fast das gesamte Leben umgab, seit sie ihr Werk in Kalkutta begonnen hatte. Sie fühlte sich von Gott getrennt, konnte ihn nicht mehr spüren, er war ihr nicht nahe. Im Laufe ihres Glaubenslebens dann nahm sie es als ein Geschenk Gottes an, das sie so verstand, als dass sie Jesu Passion noch einmal durchleben musste/durfte.

Es ist ein ambivalentes Buch, das fragt, will Gott einen Menschen wirklich so sehr quälen (sie litt an keiner psychischen Krankheit) ? Gleichzeitig fordert es das eigene Glaubensleben heraus, denn es fragt auch sich selbst: Inwieweit bin ich bereit für Gott zu leiden oder überhaupt nur zu verzichten? Es stellt auch die Frage: Was heißt alles zu geben für Gott? Mutter Teresa gibt mit ihrem Leben unerbittlich Antwort darauf und das ist bewundernswert wie beschämend.

So sagt sie: "Die Dunkelheit ist unerträglich, aber wenn sie nur einem Menschen Licht bringen mag, will ich in der Dunkelheit leben. Und wenn sie niemanden ein Licht bringt, so ist es auch gut, denn dann nehme ich alles so, wie es Gott will."

Was will ich darauf noch erwidern, vielleicht soviel: " Gott, schenk mir wenigstens einen Bruchteil dieses Glaubens und lass mich einen Bruchteil konsequenter für dich leben!"

Montag, Juli 23, 2007

Ein stiller Ort

Nachdem momentan, zumindest oberflächlich, ein wenig Ruhe in mein Leben eingekehrt ist, habe ich mich gestern nach Bewegung und Stille gesehnt. So bin ich auf den Bienenberg geradelt und habe mich am Waldrand auf eine Bank gesetzt und viel nachgedacht und gebetet.
In aller Stille an den Ort zurück zu kommen, der mein inneres (Glaubens-)leben umwirbelte, wie ein stürmischer Orkan, ist für mich ein seltsames Gefühl. Wie sehr und oft habe ich auf dem Berg mit Gott, mit mir, mit dem Glauben gerungen. Wie oft kam ich vom Unterricht nach Hause und habe meine neuesten Einsichten an meinen Mann gequasselt, die manchmal mit größter Sicherheit und Vertrauen in Gott und manchmal von tiefsten Zweifeln begleitet waren. Nicht selten gab es Bibelstellen, mit denen ich mich mühsam herumplagte und andere, die nach so vielen Jahren als Christin endlich in meinem Herzen angekommen sind- nicht immer zum Troste, manchmal auch zu meinem Schrecken....
Da oben bin ich also gesessen und habe zum einen Gott gedankt, dass er mir die Zeit auf dem Bienenberg geschenkt hat. Zum anderen aber habe ich auch gespürt, wie sehr mir ein Ort fehlt, an dem ich sagen kann- an diesem Ort bin ich Zuhause. Wo kann ich mit all meinem theologischen und "sozialen" Wissen und vor allem mit meinem theologischen Sein, Gott dienen?