Montag, Januar 07, 2008

DU sollst nich töten

Gedankenverloren sitze ich vor dem Computer. Ich habe noch kein Wort geschrieben. Wieso habe ich das Angebot über dieses Thema zu schreiben angenommen?
Das Telefon klingelt. Endlich Ablenkung, denke ich. Am Apparat ist eine sehr gute Freundin von mir: „Ich muss dir was sagen...“ Schweigen! „Ich bin schwanger, schon wieder!“ Und ich weiß schon, was sie als nächstes sagen wird. Sie kann nicht mehr, sie will dieses Kleine nicht! Sie weint! Dann stellt sie die gefürchtete Frage! Ich sei doch Christin, was meine ich denn dazu?
Nun ja, mein erster Gedanke ist: Nein, der kleinen Seele das Leben nehmen? Das geht doch nicht! Dann betrachte ich mein Leben. Wie viele Menschen habe ich auf dem Gewissen, weil ich mich nicht darum kümmere unter welchen menschenverachteten Umständen die Kleider hergestellt werden, die ich kaufe? Wie vielen Menschen reicht das Brot nicht, das sie als spärlichen Lohn für die harte Arbeit auf den Kaffee- Bananenplantagen etc. erhalten. Unter welchen Krankheiten müssen sie leiden und sterben, weil sich niemand um Arbeitschutzgesetze schert? Wie viele sterben, weil ich nicht bereit bin zu teilen, zu verzichten?
Was ich damit sagen will, höre ich mich reden, ist, dass die Thematik des „Nicht-Tötens“ nicht so einfach ist.
Wir reden noch eine Weile, dann muss sie sich wieder um ihre Kinder kümmern. In den folgenden Tagen bete ich viel. Mein Gott, lass es zu einem guten Ausgang kommen!
Und ich sitze wieder grübelnd da. Du sollst nicht töten!
Tief in meinem Herzen weiß ich, dass Töten Leid und Elend bringt. Ich weiß, dass Kriege, Korruptionen und Morde noch nie haben einen Menschen glücklicher werden lassen. Ich weiß, dass Gott es ist, der Leben gibt und Leben nimmt. Aber kann ich z.B. einen Selbstmörder verurteilen? Kann ich Eltern verurteilen, weil sie aus ihren verworrenen Lebensumständen heraus kein Ja zu diesem Ungeborenen finden können? Kann ich verurteilen, wenn ich selbst inkonsequent lebe?
Du sollst nicht töten! Gott sei Dank verlangt Gott von uns nicht: du sollst töten!
Für mich ist klar: Ich will dem Imperativ Gottes folgen und so leben, dass ich Leben nicht zerstöre. Nur, in meinem Glauben lebt auch noch die Gnade Gottes. Und wie Jesus den Pharisäern, so steht die Gnade Gottes dem Gesetz, das die Lebenssituationen der Menschen nicht berücksichtigt, gegenüber.
Ich bete darum, dass meine Freundin und ihr Mann sich für das Kind entscheiden. Und wenn nicht, wird Gottes Gnade über ihnen sein!